Wie angekündigt, soll es nun darum gehen, wie die mündliche Examensprüfung für mich ablief. In Frankfurt ist es üblich, dass das 3. Staatsexamen in 2 Tage unterteilt ist. Dabei geht es am ersten Tag darum, dass man anhand eines echten Patienten dessen Krankengeschichte, das Procedere und die klinischen Untersuchungsmethoden erfassen soll und anhand dessen Krankheiten im weitesten Sinne geprüft wird. Der zweite Prüfungstag läuft dann im Prinzip ab wie im Physikum, sodass man den 4 Prüfern (Innere Medizin, Chirurgie, PJ-Wahlfach (in meinem Fall Radiologie) und ein zusätzliches Fach) direkt gegenüber sitzt und in der drei- oder vierköpfigen Prüfungsgruppe reihum ca. 15 Minuten pro Person geprüft wird.
Ein Überblick über die Krankengeschichte hilft für den Einstieg
Unser 1. Prüfungstag begann also gegen 8:30 Uhr auf einer internistischen Station. Dort begrüßte uns unser Prüfungsvorsitzende, der ein paar Tage vorher bereits 3 Patienten für uns (wir waren drei Prüflinge in der Gruppe) ausgewählt hatte. Dabei hatte er, wie in der Vorbesprechung angedeutet, darauf geachtet, dass diese weder zu komplexe Fälle darstellten, noch „zu gesund“ waren. Nachdem jeder von uns zufällig einem Patienten zugewiesen worden war, hatten wir Zeit für die Anamnese, Untersuchung und das Schreiben der kompletten Epikrise. Diese sollten wir dann um 14 Uhr beim Prüfungsvorsitzenden abgegeben.
Den kompletten Morgen hatten wir also Zeit und konnten dabei alle erdenklichen Hilfsmittel (Herold, Müller, Internet, Ärzte und Pflege fragen) verwenden. Das hört sich erst einmal relativ entspannt an, je nach Krankengeschichte kann es aber knapper werden, als man denkt. Als erstes verschaffte ich mir am Computer einen Überblick über die Diagnosen und das bisherige Procedere meines Patienten. So wusste ich schon mal, was mich erwartet. Danach ging ich in das Patientenzimmer und erklärte ihm, wie die Prüfung abläuft und worum es dabei geht. Glücklicherweise war mein Patient sehr nett und entgegenkommend. Ich sagte ihm, dass ich mit ihm alle Untersuchungen schon mal durchgehen werde, da ich von den Prüfern auch gebeten werden kann, seine Hüfte zu untersuchen, selbst, wenn er dort keinerlei Beschwerden angegeben hatte. Für die Anamnese und die Untersuchungen brauchte ich eine knappe Stunde. Ich wies darauf hin, dass ich eventuell bei Nachfragen nochmal wiederkäme und ging ins Arztzimmer, um die Epikrise zu verfassen. Dafür hatte ich meinen Laptop mitgebracht und schon mal eine Rohfassung mit den wichtigsten Punkten (verschiedene Teile der Anamnese, Untersuchungseckdaten, Vitalparameter) erstellt. So musste ich diese nur noch auf meinen Patienten anpassen. Natürlich schreibt sich so eine Epikrise im PJ meist einfacher als dann mit der Anspannung am Prüfungstag, aber bei Fragen konnte ich mich auch immer an die Assistenzärzte und das Pflegepersonal auf Station wenden.
Insgesamt war ich circa eine Stunde vor Abgabe der Epikrise komplett fertig. Ich besprach noch ein paar Krankheiten meines Patienten mit einem netten Assistenzarzt und ging dann zu meinen Mitprüflingen, die ebenfalls fertig waren. Um 14 Uhr kamen dann alle vier Prüfer auf Station. Wir wurden jeweils einzeln am jeweiligen Patienten geprüft und da ich zufällig als letztes dran kam, musste ich mich noch weitere 2 Stunden (jeder Prüfling wird ungefähr eine Stunde lang geprüft) gedulden und redete währenddessen etwas mit den Ärzten auf Station, die ich teilweise noch vom PJ kannte oder ging immer wieder die wichtigsten Punkte der Krankengeschichte meines Patienten durch.
Ablauf wie bei einer Oberarztvisite
Als ich dann an der Reihe war, sollte ich, wie die anderen beiden Prüflinge vorher auch, erst einmal vor dem Patientenzimmer eine kurze Einleitung zu meinem Patienten geben. Das lief dann also so ab wie auf einer normalen Oberarzt- oder Chefarztvisite auch. Der Chirurg stellte mir noch 2-3 Fragen vor der Tür und dann ging es zum Patienten. Dort machte der chirurgische Prüfer auch direkt weiter und ließ mich dann auch die Lunge untersuchen. Als er ungefähr 15 Minuten geprüft hatte, war der nächste Prüfer, in diesem Fall der Internist, an der Reihe. So ging das weiter bis jeder ausreichend lange Fragen gestellt hatte. Die anfängliche Nervosität legte sich bei mir schnell, weil ich merkte, dass das ganze eher wie ein normales Gespräch ablief. Die Fragen waren größtenteils machbar, auch, wenn mein 4. Prüfer (Rechtsmedizin) wirklich sehr spezielle rechtliche Dinge abprüfte. Außer der Lunge sollte ich auch noch das Herz, die Pulse und den Mundraum untersuchen. Dabei wurden dann immer auch spezielle Fragen zu Pathologien gestellt, die mein Patient nicht hatte, aber im weitesten Sinn auch möglich wären (zum Beispiel durch Medikamentennebenwirkungen, vorhandene Risikofaktoren oder verwandte Erkrankungen). Nach der Prüfung ging ich mit einem relativ zufriedenen Gefühl nach Hause, weil das meiste ganz gut geklappt hatte.
Der zweite Prüfungstag ähnelt der mündlichen Physikumsprüfung
Der zweite Tag lief wirklich genauso ab wie im Physikum (1. Staatsexamen) oder wie das Vorphysikum im Zahnmedizinstudium. Zwar waren es eben jetzt 4 Prüfer und die jeweilige Prüfungszeit betrug 15 statt 20 Minuten, aber das Procedere war das gleiche. Die Prüfung fand dabei leider in einem etwas stickigen Besprechungsraum statt. Vor allem der radiologische und der chirurgische Prüfer stellten sich als sehr entspannt heraus und außer der Tatsache, dass der Rechtsmediziner während andere prüften ein paar mal einschlief, gab es keinerlei nennenswerte Ereignisse. Jeder von uns 3 Prüflingen machte im Großen und Ganzen eine gute Figur, wobei jeder mal ein paar Sachen auch nicht wusste. Das macht aber nichts, denn die meisten Prüfer wollen ja auch nur wissen, wie weit sie gehen können, um ein Gefühl für die Notengebung zu bekommen.
Wir machten in den 3 Stunden eine kleine Pinkelpause und nachdem wir für die Beratung der Prüfer kurz vor der Tür warten mussten, verkündeten sie uns, dass jeder von uns eine 2 bekommen hatte. Glückwünsche der Prüfer folgten und wir waren alle äußerst zufrieden, sodass gefeiert werden konnte.
Festliche Kleidung wird gerne gesehen
Kurz noch ein paar Wörter zur Kleidung in der Prüfung: Sowohl am ersten Tag, als auch am zweiten trugen wir beiden Jungs Anzug mit Krawatte. Am ersten Tag ist das nicht so wichtig, da kann man auch eine dunkle Hose und ein Hemd wählen, aber schon da hatten auch zwei der vier Prüfer ebenfalls einen Anzug mit Krawatte an. Unsere Kommilitonin trug am ersten Tag einfach eine dunkle Hose mit Bluse und am zweiten dann ein Kleid. Wichtig ist noch, dass man den Kittel während der Prüfung am ersten Tag zugeknöpft hat, zwei Prüfer deuteten nämlich schon in den Vorgesprächen an, dass sie darauf achten. Ansonsten ist es wirklich so, dass die Epikrise nicht allzu viel Beachtung bekommt durch die Prüfer. Sie dient wahrscheinlich hauptsächlich dazu, dass man auch etwas schriftliches abgeliefert hat und die Prüfer sich vor der Prüfung dann noch einen Überblick über den Patienten verschaffen können. Eventuell kann es auch sein, dass Prüfer am zweiten Tag mal eine Nebendiagnose des Patienten vom ersten Tag abprüfen, aber bei uns war das nicht der Fall.
Natürlich liegt es hauptsächlich an den Prüfern für eine entspannte Atmosphäre während der Prüfung zu sorgen, aber es gibt wirklich keinen Grund sich zu viele Sorgen wegen dieser mündlichen Abschlussprüfung zu machen. Sie ist in den allermeisten Fällen wirklich nur Formsache und wenn man sich nicht ganz falsch anstellt und ganz grobe Patzer ausbleiben, fällt man auf keinen Fall durch. Meiner Meinung nach ist diese mündliche Examensprüfung wirklich weitaus angenehmer als die mündliche Physikumsprüfung. Bedenken sind also wirklich nicht angebracht und wenn man sich etwas über den Ablauf der Prüfung informiert, Vorbesprechungstermine mit den Prüfern wahrnimmt, gut in der Gruppe lernt und in der Prüfung Ruhe bewahrt, kann man zum Ende des Studiums getrost die Kirsche auf die Sahne setzen.
Bild: Boians Cho Joo Young / FreeDigitalPhotos.net
Hat Spaß gemacht den Bericht zu lesen!
Auch wenn das Schreiben der Epikrise oder eines Arztbriefes im Examen keinen allzu großen Stellenwert einnimmt, sollten sich angehende Ärztinnen und Ärzte darüber klar sein, dass die Erstellung von Arztbriefen wesentlicher Bestandteil ihrer späteren Arbeit in einem Krankenhaus oder Institut sein wird. Leider wird diesem Thema bisher sowohl im Studium als auch in der späteren assistenzärztlichen Weiterbildung noch nicht die notwendige Beachtung geschenkt.